Lautes Gezwitscher beim Anflug der Mehrschwalben störte die Übergabe der Plakette "Schwalbenfreundliches Haus" überhaupt nicht. Auch aus vielen der 35 Nester war lautes Gezwitscher zu hören, als die Elterntiere anflogen: ein gutes Zeichen, dass die Brut Erfolg hatte. Aufregung kam allerdings bei den Schwalben auf, als sich ein Sperber am Himmel zeigte. Vom NABU-Marburg waren Marina Hansen und Jacob Staiger zur Gärtnerei auf den Neuhöfen gekommen, um als Dank an die "Schwalben-Hotelbesitzerinnen" die NABU-Plakette und eine Urkunde zu überreichen.
Jakob Staiger (NABU-MR) und die Seniorchefin Frau Link (Mitte) mit ihrer Tochter, der Juniorchefin Frau Christina Hoell. Fotos: Marina Hansen (NABU-MR)
Schwalbenfreundliches Haus
Der Bauern- und Reiterhof der Familie Schulz in Marburg-Wehrda auf der Beute ist auch jedes Jahr eine Heimat für viele Rauch- und Mehlschwalben. Über 20 Nester sind in den Stallungen zu entdecken und Bauer Schulz hat noch etliche neue Nisthilfen angebracht. Die meisten Flugkünstler und „Glücksbringer“ haben aber inzwischen ihre heimischen Quartiere gen Afrika verlassen.
In ganz Deutschland würdigt der NABU-Naturschutzmacher, die Schwalbennester an oder in ihren Gebäuden erhalten, mit einer Plakette und einer Urkunde. Hierdurch sollen Menschen darauf aufmerksam gemacht werden, wie wichtig der Schutz von Schwalben ist und hoffentlich noch viele weitere Naturliebhaber gefunden werden.
„Wenn eine Schwalbe auf ein Pferd macht, so wird dieses Pferd beim Turnier gewinnen“, so der Aberglaube den Frau Schulz mit einem Augenzwinkern erzählt. Auch bei ihren Stallungen im Ortsteil Michelbach haben sie für Mehlschwalben an den Außenfassaden Nisthilfen montiert. Unter den Schwalbennestern haben sie extra sogenannte Kotbretter angebracht, damit die Hausfassade nicht beschmutzt wird.
„Wir wollen diese positive Einstellung zu den Schwalben fördern und unterstützen,“ erklärt bei der Übergabe einer Urkunde mit Plakette Eberhard Lübbeke, der zusammen mit Hartmut Möller für den NABU-Marburg die kleine aber wichtige Ehrung und Anerkennung überbrachte. „Man sollte die alten Nester nicht entfernen, sondern am Haus lassen, denn im Frühjahr, wenn die ortstreuen Schwalben zurückkehren finden sie genau ihr Haus wieder und brauchen dann keinen Neubau eines Nestes anzufangen“, erklärte Eberhard Lübbeke.
Unsere Glücksbringer sind bedroht
Diese kleine Ehrung soll auch andere Hausbesitzer dazu ermuntern, dass sie sich wohlwollend gegenüber den „Glücksbringern“ verhalten und die Nester nicht beseitigen. Schwalben finden heutzutage immer seltener geeignete Nistmöglichkeiten und auch das Nahrungsangebot wird knapp.
In den Städten verschwinden zum Beispiel Nester durch Sanierungsmaßnahmen an Gebäuden. Auf dem Land sind moderne Viehställe und Scheunen oft verschlossen und bieten deshalb keine Einflugmöglichkeiten mehr. Feldwege, Einfahrten und Dorfplätze sind oft versiegelt, sodass Schwalben immer seltener Pfützen und damit weniger Lehm für ihren Nestbau finden. Der Einsatz von Pestiziden verringert das Nahrungsangebot an Insekten.
Deshalb freuen wir uns über dieses große „Schwalben-Hotel“ in Wehrda und übergeben der Familie Schulz die NABU-Plakette „Schwalbenfreundliches Haus“.
Wer auch gerne mit dieser Plakette ausgezeichnet werden möchte, kann zum NABU Kontakt aufnehmen: info@nabu-marburg.de
Der NABU kann beim Anbringen von Nisthilfen und Kotbrettern behilflich sein. Die Schwalben und ihre Nester, sind nach dem Bundesnaturschutzgesetz geschützt und dürfen nicht entfernt werden.
Eberhard Lübbeke überreicht an die Familie Schulz die NABU-Plakette "Schwalbenfreundliches Haus"
Im Februar 2013 haben wir mit Unterstützung der Stadt Marburg am Gebäude des Altenwohnheims „Auf der Weide“ in Marburg künstliche Nester für Mehlschwalben, einschließlich Kotbretter, angebracht. Die künstlichen Nester wurden von der Stadt, die uns bei der Umsetzung tatkräftig unterstützt hat zur Verfügung gestellt.
Mit großer Aufmerksamkeit haben Bewohner und Beschäftigte des Altenheims wie auch die Kinder des gegenüberliegenden Kindergartens das Anbringen der 15 künstlichen Mehlschwalbennester verfolgt. Für die Kinder war natürlich die Feuerwehr mit ihrem großen Wagen und der langen Leiter die Attraktion, aber auch die Schwalbennester, die sie halten und untersuchen konnten, fanden Interesse.
Seit jeher gelten die Schwalben als Frühlingsboten und Glücksbringer für Haus und Hof. Sie gehörten seit Jahrhunderten ganz selbstverständlich in unsere Dörfer und Städte. Doch ihr Lebensraum hat sich in den letzten Jahrzehnten dramatisch verändert. Durch Landschaftsversiegelung, industrialisierte Landwirtschaft und bauliche Veränderungen an Gebäuden wurde ihr Lebensraum eingeschränkt.
Am Gebäude des Altenheims haben sie immer wieder versucht selbständig ihre Nester zu bauen, doch leider nur mit mäßigem Erfolg. Die geformten Lehmkügelchen blieben an der modernen Hausfassade nicht haften (Tefloneffekt).
Bereits im ersten Frühjahr 2013 wurden mehrere unserer künstlichen Mehlschwalbennester angenommen und die Jungen erfolgreich aufgezogen.
Da Mehlschwalben sehr standorttreu sind, freuen wir uns auf ihre hoffentlich zahlreiche Rückkehr aus ihrem Winterquartier in Afrika.
Schwalben leben von Insekten, die sie im Flug erbeuten. Nach einer Schweizer Untersuchung benötigt ein Schwalbenpaar für die Brut ca. ein Kilogramm Insekten, dies entspricht etwa 150 000 Insekten (Mücken und Fliegen). Die Nachbarn und Anwohner von Schwalbenbruten können sich somit auf weniger „Plagegeister“ im Sommer freuen.
Falls wir Ihr Interesse geweckt haben, können sie sich bei Fragen bezüglich Ansiedlung und Schutz von Schwalben gerne an uns wenden.
Die Stadt Marburg, Untere Naturschutzbehörde, unterstützt ebenfalls die Ansiedlung von Schwalben und gibt künstliche Nester einschließlich Kotbretter an Interessierte Marburger Bürger ab. Sie hält auch den informativen Flyer bereit „Schwalben Willkommen" bereit.
Besonderer Dank gilt Herrn Bürgermeister Kahle und Fr. Simon von der Unteren Naturschutzbehörde für ihre Unterstützung.